CDU Gemeindeverband Gomaringen

Geborgenheit statt Sterbehilfe

Politik und Medizin diskutierten in der Uniklinik

"Das Strafrecht sagt nichts zur Beihilfe zum Suizid. Aber geschäftsmäßige Angebote sollten unterbunden werden!" Engagiert und zugleich differenziert führte Annette Widmann-Mauz MdB, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit, in die Diskussion zur Sterbehilfe ein, die am Dienstag, 12. Mai 2015  am Tübinger Universitätsklinikum stattfand. Rund 100 Gäste diskutierten unter der Überschrift "In Würde aus dem Leben gehen..." mit der Bundestagsabgeordneten und vier Medizinern aus den Bereichen Palliativmedizin und Hospiz. 
Moderiert hatte den Abend, zu dem die Konrad-Adenauer-Stiftung eingeladen hatte, Prof. Dr. med. Ulrike Ernemann, Ärztliche Direktorin der Abteilung Neuroradiologie an der Tübinger Uniklinik. Widmann-Mauz machte den Auftakt und wies auf die Dimensionen des Begriffs "Würde" hin: Das Grundgesetz gebiete, das Leben jedes einzelnen Menschen zu schützen –  um der Würde willen, die jeder einzelne Mensch hat.
Für Widmann-Mauz bedeutet „In Würde sterben“, nicht am Sterben gehindert zu werden, gleichfalls aber auch ohne Schmerzen zu sterben. Schmerzen müssten gelindert werden. Eine eventuelle Lebenszeitverkürzung als Nebenwirkung einer Schmerztherapie sei in Kauf zu nehmen. „In Würde sterben“ heißt für die Gesundheitspolitikerin aber auch, nicht allein zu sterben, Hilfe und Zuwendung zu erfahren – als Sterbender, aber auch als Angehöriger. Würde und Leben, Selbstbestimmung und Solidarität seien immer im Lichte des Grundgesetzes zu interpretieren. 
Widmann-Mauz: „Jemand mag in seinem persönlichen Empfinden ‚hilflos gleich  würdelos‘ setzen, aber das ist nicht die Logik des Grundgesetzes. Deshalb gebietet das Grundgesetz auch nicht, dass die Rechts- und Solidargemeinschaft einem Selbsttötungswunsch Umsetzungshilfe bereitstelle.“ Damit war klar: Die Abgeordnete lehnt wegen dieser Lebensschutzorientierung des Grundgesetzes ab, Selbsttötungshilfe als Behandlungsvariante einzuführen. 
 
 
Im Anschluss betonte die Palliativmedizinerin und Erste Vorsitzende der Tübinger Hospizdienste, Dr. med. Eva-Maria Mörike, die Belastung der Sterbenden durch den Zeitdruck, dem das Pflegepersonal unterworfen sei. Gerade auch Hospize könnten den Menschen helfen, in Gelassenheit zu gehen. 
Frauenarzt Dr. med. Alexander Marmé, 1. Vorsitzender des Vereins "Ein Hospiz für Tübingen", hob die Selbstbestimmung der Menschen hervor: "Das, was noch geht, sollte man nutzen!" Auch hier könnten Hospize helfen, das Lebensende in menschlicher Geborgenheit zu verbringen. Der Palliativmediziner Dr. Johannes-Martin Hahn, Chefarzt des Paul-Lechler-Krankenhauses, verwies auf die Erfahrung, dass der spontane Suizidwunsch nach einer aussichtslosen Diagnose abnehme, wenn ein glaubwürdiges "palliatives Sicherheitsversprechen" die Angst vor Schmerz und Leiden milderten. 


 
Über zwei Stunden diskutierten die Gäste engagiert zu persönlichen Erfahrungen, Situation in der Pflege, ehrenamtlichem Engagement in Hospizen und zum Umgang mit dem Tod. Das Fazit: Der Wunsch nach medizinischer Sterbehilfe nimmt ab, wenn Sterbende menschliche Aufmerksamkeit und gute palliative Hilfe erhalten.